Bergsport ohne Auto: Klettertrip mit Bahn und Bike ins Todsfelder Tal

Frankenjura.com - 12.10.22

Nach dem Kletterausflug von Bayreuth ins Pegnitztal mit dem VGN begleiteten wir bei einer weiteren Reportage Maria Hurtig und Ludwig Simek zu einem Klettertag mit der Gräfenberg-Bahn an die Brüchige Wand. Die Protagonisten unserer Reportage gelten als Vorreiter eines umweltfreundlichen Natursports. Die Reportage wurde unterstützt durch den Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN).

Maria und Ludwig treffen sich am Bahnhof in Gräfenberg am Tor zur Fränkischen  Schweiz (Bild: Frankenjura.com | VGN)Maria und Ludwig treffen sich am Bahnhof in Gräfenberg am Tor zur Fränkischen Schweiz (Bild: Frankenjura.com | VGN)

Mit dem „VGN Tagesticket Plus“ Todsfelder Tal

Maria muss sich beeilen. Ihr Arbeitspensum war heute umfangreicher als gedacht. Nun ist die 35-Jährige auf dem Weg von ihrem Homeoffice am Nürnberger Westring zum Nordostbahnhof. An diesem sonnigen Freitag im Oktober startet von dort um kurz vor ein Uhr ihr Zug in die Fränkische Schweiz.

Sie ist mit einem Gravel-Bike unterwegs und trägt einen Kletterrucksack samt Seil auf dem Rücken. Eigentlich stammt Maria nicht aus Nürnberg, sondern aus Thüringen. Sie hat es im Rahmen ihres Jobs nach Nürnberg verschlagen. Dort hat sie den Klettersport für sich entdeckt und über ein Kletterforum nach Kletterpartnern gesucht. Ludwig hat sich gemeldet. Der 39-Jährige klettert seit seiner Jugend und war in dieser Zeit auf der Suche nach einem Kletterpartner. Das war vor einem guten Jahr.

Seitdem sind die beiden häufig gemeinsam beim Klettern unterwegs und Maria hat so einiges von ihrem Kletterpartner lernen können. Darüber hinaus hat Ludwig Maria angesteckt - wegen Ludwig sitzt Maria nun nicht am Steuer ihres Kleinwagens, sondern auf dem Gravel-Bike, das sie sich eigens für solche Unternehmungen angeschafft hat. Sie wird es in einigen Minuten am Nürnberger Nordostbahnhof in die Gräfenberg-Bahn schieben, die um 12:51 Uhr auf Gleis 3 die Frankenmetropole gen Norden verlässt.

Mit der Gräfenberg-Bahn an den Fränkischen Fels

Wenig später rollt die Gräfenberg-Bahn über Heroldsberg und den Kalchreuther Höhenrücken hinunter ins langgezogene Schwabachtal über Eckental nach Igensdorf. Und schließlich arbeitet sich das rote Triebwerk samt seiner drei Waggons vorbei an Weißenohe die Jura-Schichtstufe empor und erreicht den Gräfenberger Bahnhof gegen 13:42 Uhr. Während der Fahrt schüttelt Maria den Arbeitstag ab und bereitet sich mental auf den Kletternachmittag vor. Es geht an die sogenannte, aber nicht wirklich „Brüchige Wand“ im idyllischen Todsfelder Tal zwischen Thuisbrunn und Egloffstein. Der Fels ist ideal, damit Maria zum ersten Mal in Mehrseillängenrouten schnuppern und den Standplatzbau üben kann. Am Bahnhof in Gräfenberg wird Ludwig auf sie warten. Der Jurist lebt zwar ebenfalls in Nürnberg und hätte es durchaus auch zum Zug geschafft, will aber diesmal die Anfahrt zum Fels komplett mit dem Rennrad zurücklegen.

Gemeinsam fahren sie zum Wandfuss der Brüchigen Wand bei Thuisbrunn (Bild: Frankenjura.com | VGN)Gemeinsam fahren sie zum Wandfuss der Brüchigen Wand bei Thuisbrunn (Bild: Frankenjura.com | VGN)

Ludwig ist ein Enthusiast im Positiven. Er ist nicht nur ein hervorragender und vielseitiger Klettersportler, sondern setzt sich ebenso für Nachhaltigkeit und Klimaschutz ein. Darüber hinaus ist er Mitglied bei den „Grünen“ und arbeitet als Jurist für eine Nürnberger Migrantenorganisation. Sein Auto hat er vor ein paar Jahren verkauft. Jetzt fährt er mit öffentlichen Verkehrsmitteln – und ebenso häufig mit seinem Rennrad zum Fels.

Maria beeindruckt dieser Kraftakt enorm, ihr ist die ganze Strecke von Nürnberg bis zum Fels aber zu anstrengend. Zwar sei es kein Problem, die Strecke zu schaffen. Aber mit entkräfteter Beinmuskulatur mache ihr das Klettern danach einfach keinen Spaß mehr. Ganz zu schweigen von der Heimfahrt im Dunklen. Dennoch ist Ludwigs Elan auf Maria übergesprungen, sie verbindet den Klettersport mittlerweile mit denselben Werten wie Ludwig: Natursport zu betreiben ist ein Bekenntnis zu einer intakten und sensiblen Natur. Deshalb versteht es sich von selbst, diese nicht durch unbedachten Ausstoß an PKW-Abgasen zu belasten und den eigenen ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten.

Am Bahnhof in Gräfenberg treffen sich die beiden und radeln gemeinsam weiter

Ludwig wartet bereits am Bahnhof in Gräfenberg, als Marias Zug einfährt. Nach einer freundschaftlichen Begrüßung setzen die beiden die Anreise mit dem Fahrrad fort. Zunächst geht es vom Bahnhof in Gräfenberg steil bergauf in den Ort, vorbei am Marktplatz und der Realschule bis auf die Hochfläche. Maria schnauft, Ludwig aber meistert die knapp 100 Höhenmeter mit einem Lächeln. Jetzt geht es weiter in einem hügeligen Auf und Ab. Zunächst geht es nach Kasberg, dann weiter über Haidhof und Hohenschwärz bis nach Thuisbrunn. Am Ortsende in Richtung Egloffstein steigt die Straße nochmals an, dann führt nach rechts ein schmales Sträßchen nach Dietersberg und von dort ein Flurweg zur Kugelspielhütte am Waldrand. Unmittelbar dahinter beginnt der steile Abbruch ins Todsfelder Tal und der Abstiegspfad zum Wandfuß der Brüchigen Wand. Auf dem Weg dorthin organisiert sich Ludwig noch seine Klettersachen, die er in den Tagen zuvor in einem Depot in der Nähe der beschaulichen Hütte versteckt hat.

Ludwig hat eine Depot-Strategie für den Bergsport ohne Auto entwickelt

Über die vergangenen Jahre hat Ludwig sein System „Bergsport ohne Auto“ professionalisiert. Um bei der Anfahrt und dem Zustieg zum Fels Kraft zu sparen, deponiert er seine Kletterausrüstung in einem wasserdichten Materialsack in der Nähe seines Kletterziels. Dieses Materialdepot inklusive Seil, Kletterschuhen, Expressschlingen, einem Klettergurt, Helm und dem Magnesiabeutel bleibt so lange an einem Standort, bis alle interessanten Routen im Umfeld geklettert sind, meist so ein paar Wochen. Anschließend nimmt er sich einen Nachmittag Zeit, um seine Sachen in ein neues Gebiet zu verfrachten.

Diese Depot-Strategie zahlt sich insoweit aus, als dass Ludwig dadurch ohne Gepäck radelnd unterwegs sein kann. Die Gewichtseinsparung bedeutet gegenüber dem Radeln mit einem elf Kilo schweren Rucksack weniger verbrauchte Kraft. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Anfahrtszeit und die Energie aus, die noch fürs Klettern übrig ist. Erst so entstünde aus der Großstadt heraus kaum ein zeitlicher Nachteil, weil man sich auch einige Minuten Fußmarsch zum Auto beziehungsweise vom Parkplatz zum Fels erspare. Für die Strecke vom Nürnberger Nordostbahnhof bis zum Gräfenberger Bahnhof benötigt Ludwig mit seinem Rennrad ohne Gepäck 50 Minuten. Mit dem Auto berechnet das Google-Navi 28 Minuten im Idealfall, und für eine Zugfahrt sind es laut der VGN-Fahrplanauskunft 42 Minuten.

Ludwig sichert Maria in einer Mehrseillänge der Route ´Direkte Südwand´ (6-) (Bild: Frankenjura.com | VGN)Ludwig sichert Maria in einer Mehrseillänge der Route ´Direkte Südwand´ (6-) (Bild: Frankenjura.com | VGN)

Nach ihrer zirka acht Kilometer langen Radtour kommen sie am Wandfuß an

Am Wandfuß angelangt und nach einer kurzen Sondierung der Routenvielfalt via KletterApp geht es los mit der Route Direkte Südwand (6-). Die 40 Meter lange Route lässt sich prima in drei Seillängen aufteilen. Ludwig steigt die erste Länge vor und baut an einer Felskanzel einen Standplatz. Von hier aus sichert er Maria nach, die von dort aus die zweite Seillänge bis auf ein bequemes Felsband zum zweiten Standplatz vorsteigt. Ludwig übernimmt wieder die dritte Länge und führt Maria zum Umlenkhaken.

Nach dem Abseilen möchte Ludwig eine schwerere Route auschecken und entscheidet sich für Unglaublich, aber wahr (8). Die Schlüsselstelle ist etwas tricky, deshalb braucht er einen zweiten Anlauf. Maria passt, ihr ist mittlerweile kalt. Zum Abschluss des Tages überredet Ludwig Maria dann aber noch zum 40 Meter langen Verbindungsweg. Die beiden erreichen den Gipfel im Wettlauf mit den letzten Sonnenstrahlen gegen 18:30 Uhr.

Maria graut nach den vielseitigen Strapazen schon etwas vor dem sieben Kilometer langen Rückweg bis nach Gräfenberg, aber dann beschließen die beiden noch einen Zwischenstopp im Thailändischen Restaurant in Hohenschwärz einzulegen und Energie in Form von leckerer Zitronengras-Suppe und gebratenen Reisnudeln zu tanken. Um kurz nach acht machen sich die beiden dann auf, um die letzten Kilometer bis zum Bahnhof in Gräfenberg zurückzulegen, denn um 20:36 Uhr fährt die Gräfenberg-Bahn zurück nach Nürnberg. In Anbetracht der späten Stunde, der eisigen Temperaturen und der vielen schon zurückgelegten Höhenmeter steigt nun auch Ludwig in den Zug. Maria lädt ihn ein. Wohlweislich hatte sie schon in Nürnberg ein TagesTicket Plus gebucht, das es ihr erlaubt, den Kletterkameraden und auch sein Fahrrad ohne Aufpreis mitzunehmen.




Kommentare

Höhlngogerer am 12.10.22

Toll so sollten es mehr machen , können.

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