Söder verlängert bayerische Maßnahmen bis 19. April, es gibt aber keine Verschärfung
Frankenjura.com - 30.03.20
Bei einer Pressekonferenz am Montag Mittag kündigt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder eine Verlängerung der bisherigen Maßnahmen bis zum 19. April an, die bayerische Staatsregierung schließt aber eine weitere Verschärfung der Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt aus!
Bayern sei eines der am stärksten von Corona betroffenen Bundesländer innerhalb Deutschlands, so Söder. Derzeit gebe es 14437 Infektionen und 133 Todesfälle in Bayern, 1230 Personen seien wieder genesen.Das Wachstum sei zwar immer noch exponentiell, die Kurve der Ansteckungen flache aber langsam ab. Die Fallzahlen würden sich aktuell nicht mehr in 2,8 Tagen, sondern nur noch in 5 Tagen verdoppeln. Die Maßnahmen seien gerechtfertigt und wirkten auch. Man dürfe jetzt keine Sorglosigkeit walten lassen.
Söder bekräftigte immer wieder die Richtigkeit der Maßnahmen. Sie seien wissenschaftlich verifiziert und innerhalb der Regierung gebe es Leute, die darauf achten, dass diese auch im juristischen Sinne verhältnismäßig blieben. Die Vorgaben würden laut Söder von den 13 Millionen Einwohnern Bayerns zum überwiegenden Teil eingehalten. Es gebe aber auch etliche Verstöße, einige hätten es am vergangenen Wochenende übertrieben.
Innenminister Joachim Herrmann ergänzte, man habe am Wochenende bei 50.000 Kontrollen bayernweit 8.800 Verstöße registriert und 3.200 Ahndungen eingeleitet. In Relation zur Gesamtbevölkerung beachten die allermeisten die Verbote und Ausgangsbeschränkungen. Es gebe aber, wie auch aus anderen Lebensbereichen bekannt, einige wenige, die sich verantwortungs- und rücksichtslos verhalten würden. „ Und denen muss die Polizei entsprechend klar Einhalt gebieten.“ folgerte Herrmann. Deshalb würden die Polizeieinsätze auch weiter verstärkt.
Eine Verschärfung der Einschränkungen gibt es im Moment aber nicht. Neben der Ausgangsbeschränkung bleiben jedoch alle anderen Beschränkungen wie der Betrieb von Sportstätten, Ladengeschäften und der Gastronomie bis zum 19. April in Kraft. Eine mögliche Lockerung der Maßnahmen würde mit den anderen Ländern und dem Bund Mitte April diskutiert.
Kommentare
dschisers am 02.04.20
@ kinabalu
es geht nicht um ein paar menschen die sterben, sondern um den zusammenbruch eines eh schon auf kante gestrickten gesundheitswesen. ich hätte auch nichts dagegen, wenn wir jeden der wein krankenhaus betreten möchte, weil er dringend hilfe braucht erst mal nen coronatest machen unsd ihn, falls er negativ getestet wurde und noch lebt und noch hilfe in anspruch nehmen möchte, dann auch aufnehmen. du bist ja scheinbar von dem problem nicht betroffen.
die sterberate ist mit 1-2% sicher nicht allzuhoch, so lang das system nicht an seiner grenze arbeitet. von italien kann man aber sehen, was dann passiert. ich möchte dich sehen, wenn deinen eltern der schlauch aus der luftröhre gezogen wird um einen anderen (jüngeren) patienten zu beatmen. so läuft das dann nämlich.
es ist schön, dass ihr alle glaubt, dass euch das virus nichts anhaben kann. es schön, das ihr glaubt, dass es auch den personen nichts macht, die ihr ansteckt.
das personal in den pflegeeinrichtungen ist im gegensatz zum personal in krankenhäusern katastrophal geschützt! sie werden niedrig bezahlt und es ist euch egal, ob sie als kolateralschäden mitsterben. viele die in solchen einrichtungen arbeiten sind nämlich auch nicht jung und unbedarft.
grüße
andreas
Kinabalu am 02.04.20
In Deutschland sterben ein bisschen aufgerundet um die 3000 Menschen jeden Tag. Über die Hälfte davon ist älter als 80 Jahre. Also sagen wir ca. 1500 Menschen täglich die über 80 sind. Jetzt kommen in der Corona Zeit sehr, unterschiedlich, vielleicht jeden Tag noch 10, 20 oder 30 „Corona Fälle“ hinzu, von denen wir nicht mal sicher wissen, ob sie an Corona oder mit Corona gestorben sind. Oder ob sie wenige Tage oder Wochen später schon ihren multiplen Vorerkrankungen - der invasiven Krebserkrankung z.B. - erlegen wären.
Mit anderen worden werden in Deutschland für einen begrenzten Zeitraum vermutlich nicht mehr als 1 oder 2 Prozent der sehr alten Menschen zusätzlich sterben. Das darf man sicherlich bedauern. Eine ähnliche Situation haben wir aber auch während der saisonalen Grippe- oder Hitzewellen. Jetzt denken wir an die jährlich mehr als 100.000 Menschen die in Deutschland an den folgen von Tabakkonsum sterben und es ist bisher noch nicht einmal ein Tabakwerbeverbot geschweige denn ein Konsumverbot durchgesetzt worden. So muss doch eigentlich jeder der bei gesundem Menschenverstand ist an der plötzlich aufkeimenden Nächstenliebe von Herrn Söder zweifeln. Um so mehr da er doch an der Missere im Gesundheitswesen als Ministerpräsident und vormals Finanzminister in Bayern die Verantwortung trägt.
Und wenn wir versuchen etwas globaler zu denken. Wie wird es sich auf die Gesundheit auswirken wenn alleine in den USA aufgrund der Folgen des Lock Downs mehrere 10 Millionen Menschen ihre Jobs und viele damit auch den Zugang zu einer bezahlbaren Gesundheitsvorsorge verlieren. In den Entwicklungs und Schwellenländer werden noch viel mehr Millionen ihre ohnehin indiskutabel niedrig bezahlten Jobs verlieren mit noch katastrophaleren Folgen für deren Gesundheitsvorsorge. All das und noch viele Argumente mehr - aber ich will jetzt auch keine wissenschaftliche Abhandlung über die wirtschaftlichen Folgen des verordneten Stillstands schreiben - führen dazu, dass die Ausgangsbeschränkungen nicht unwahrscheinlich zu einer viel größeren menschlichen Tragödie führen als das Virus für sich selbst genommen.
Aus meiner Sicht sind die Beschränkungen in ihrer momentanen Form völlig unangemesse, juristisch sehr zweifelhaft und deren Durchsetzung ohnehin vollkommen willkürlich. Und in einem Willkürstaat wollen wir doch eigentlich auch nicht leben.
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Rentner am 03.04.20
Zwei bemerkenswerte Kommentare von Kinabalu und Dschisers, die aus meiner Sicht die Misere, in der wir uns befinden, sehr gut beschreiben. Auf der einen Seite ein Gesundheitssystem, dass in „normalen“ Zeiten gerade so funktioniert, in der Krise aber schnell an seine Grenzen stößt.
Andererseits die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen eines „Lock Downs“, die sehr schnell die unmittelbaren Folgen der Corona-Pandemie – auch in der Sterblichkeitsrate – weit übertreffen können.
Die aktuelle Verordnung der bayerischen Landesregierung hat offensichtlich das Ziel, den Anstieg so zu verlangsamen, dass mehr Zeit für den Aufbau der notwendigen Ressourcen (Intensivplätze etc.) für die schweren Krankheitsfälle bleibt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass sich damit auch der Ausnahmezustand verlängert und niemand genau weiß, wann die wirtschaftlichen Schäden so immens werden, dass die Konsequenzen - Insolvenzen, Massenarbeitslosigkeit, Inflation, ja, auch die langfristige Sterblichkeitsrate – größer und nachhaltiger als die unmittelbaren Auswirkungen einer exponentiell ablaufenden Corona-Pandemie sind.
Die Verordnung selbst halte ich persönlich für annehmbar. Was mich eher stört, sind die unmittelbaren Auswirkungen – besser: Auswüchse – die meine lang gepflegten Vorurteile aufs Neue bestätigen. Zum einen kommen jetzt Hilfspolizisten, Denunzianten und Oberlehrer in beachtlicher Zahl aus ihrer Deckung und legen die neuen Regeln nach ihrem Gusto aus, auch wenn es dafür keine rechtliche Grundlage gibt (; das wurde durch missverständliche Äußerungen des einen oder anderen Politikers durchaus noch befördert). Das Repertoire dieser Zeitgenossen ist durchaus vielfältig und reicht von schwacher Ansprache über Beschimpfungen und Anzeigen bis zu Sachbeschädigung.
Selbst Vertreter der Polizei sind mit den geänderten rechtlichen Anforderungen offensichtlich überfordert, anders kann ich mir den Vorfall in Konstein nicht erklären. Es steht in der Verordnung nämlich nichts von einer maximalen Entfernung bei der Anreise zur sportlichen Betätigung. Leider werden auch immer wieder Scheinargumente wie das angeblich hohe Verletzungsrisiko beim Klettern angeführt – das wurde ja bereits von dem bergsportlichen Sachverständigen der Polizei geradegerückt.
Andererseits habe ich in den vergangenen zwei Wochen immer wieder beobachtet, dass viele Kletterer ihr Verhalten am Fels, inklusive Hordenbildung an den Einstiegen, schlicht nicht anpassen. Wem bricht denn ein Zacken aus der Krone, wenn er zu einem anderen Felsen weiterfährt, sobald er sieht, dass an dem Massiv seiner Wahl bereits Kletterer in ausreichender Zahl unterwegs sind?
Wäre vielleicht mal ein Anfang, weniger Angriffsfläche zu bieten und eben auch das Ansteckungsrisiko zu minimieren – scheint sich ja doch um einen hochinfektiösen Erreger zu handeln…
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